Arbeitskreis Energie - Energiepolitik für Freiburg und Gutleutmatten

Warum die Wärmeversorgung weder innovativ noch zukunftsweisend ist.

Die künftige Wärmeversorgung in Gutleutmatten wurde durch ein Gutachten im Auftrag der Stadt Freiburg untersucht. Es wurden vierzehn verschiedene zentrale und dezentrale Versorgungsvarianten in Bezug auf ihre Eignung bewertet. Realisiert wird nun ein Nahwärmenetz, gespeist von einem mit Biogas betriebenen BHKW und dezentralen Solarthermieanlagen auf den Hausdächern mit großen dezentralen Pufferspeichern im Keller, die in das Nahwärmenetz eingebunden sind. Diese Variante wurde im Gutachten jedoch gar nicht untersucht. Rätselhaft bleibt, wie sich der Gemeinderat für ein System entschieden hat, welches im Gutachten nicht in  Erwägung gezogen wurde. Vielleicht erklärt dies, warum die Baugruppen der Verwaltung erst eine Klage androhen mussten, bevor sie das Gutachten einsehen konnten.

Ist das Baugebiet für eine Nahwärmeversorgung geeignet?

Das Umweltministerium weist in Beantwortung der Kleinen Anfrage darauf hin, dass neu oder weitgehend neu errichtete Wärmeversorgungsnetze in Hinblick auf Kosteneffizienz bei sehr geringem Wärmebedarf an die Grenzen ihrer Wirtschaftlichkeit stoßen können. Im Gutachten von Stahl und Weiß ist eine solche Feststellung ebenfalls enthalten: Demnach ist das Wohngebiet Gutleutmatten bei der vorhergesagten Wärmestromdichte von ca. 280 MWh/(ha a) nicht für eine Nahwärmeversorgung geeignet. Die Wirtschaftlichkeitsgrenze für eine Nahwärmeversorgung sieht der Gutachter ab 300 MWh/(ha a).

Ist Solarthermie ein innovatives System?

Die Leitungsverluste des Wärmenetzes liegen bei ca. 20% und somit an der oberen Grenze, ab der eine Eignung für eine Nahwärmeversorgung nicht mehr gegeben ist. Dieser hohe Verlust ist eine direkte Folge des geringen Wärmebedarfs - mit anderen Worten: die Leitungen sind immer gleich warm und verlieren gleich viel Wärme, relativ zum geringen Wärmeverbrauch ist dieser Verlust jedoch hoch. Die teuren dezentralen Solaranlagen erzeugen voraussichtlich ca. 20% der im Wohnviertel benötigten Wärmeenergie und gleichen damit gerade einmal die Netzverluste aus. Verluste, die erst gar nicht entstanden wären, hätte man auf eine zentrale Versorgung verzichtet. Zusätzlich senken die Solaranlagen den effektiven Wärmebedarf des Viertels weiter deutlich unter 280 MWh/(ha a) und machen den Betrieb erst recht unwirtschaftlich. Wir können keine Innovation erkennen.


Ein weiterer Grund für die Wahl von thermischen Solaranlagen liegt laut Angaben des Fraunhofer ISE und der badenova in der Konkurrenz zwischen Photovoltaik und Kraftwärmekopplung. Im Sommer, wenn bei hoher Sonneneinstrahlung viel Strom durch Photovoltaikanlagen ins Stromnetz eingespeist wird, ist  die Stromerzeugung im BHKW für ein Versorgunsunternehmen zunehmend unwirtschaftlich. Es ist deshalb geplant im Sommer das BHKW abzuschalten, die  badenova spart somit Brennstoff und vermeidet es, das BHKW zur reinen Wärmeversorgung zu betreiben.

Die von der thermischen Solaranlage erzeugte Energie wird von badenova wie Wärmeenergie aus dem BHKW verkauft. Die Kosten für die Solaranlage bleiben in Form von hohen Investitions- und Grundkosten bei den Bewohnern des neuen Baugebietes hängen. Lediglich ein Teil der Investitionskosten wird über einen "Solarrabat" auf die Grundkosten über Jahre hinweg erstattet. Badenova gliedert also den unrentablen Sommerbetrieb des Wärmenetzes aus und lässt sich die Solarwärme wie Fernwärme bezahlen. Das ist vielleicht aus kaufmännischer Sicht der badenova innovativ, aus Nutzersicht eher nicht.

Die Kosten für die Nutzer

betragen über 0,97 €/(m2 Monat). Umgerechnet auf die bezogene Wärmemenge entspricht das einem Preis von 21,1 cent/kWh Wärme ohne Berücksichtigung weiterer Kosten wie Pumpenstrom, Dachflächen und Leitungen. Dieser Preis gilt im ersten Betriebsjahr und steigt in den Folgejahren entsprechend gekoppelt an Inflation, Entwicklung von Personalkosten und Gaspreis. Ein System, das mittels etablierter Technologien trotz hoher Zuschüsse zu einem Preis von 21 cent/kWh führt ist weder „vorbildlich“ noch „innovativ“ – es wird in einem funktionierenden Markt keine Nachahmer finden.

Geht so Energiewende?

In der Begründung des Systems wird darauf verwiesen, dass konventionelle Kraftwerke bei zunehmendem Ausbau der Photovoltaik im Sommer mit dieser konkurrieren. Dennoch benötigt man gerade in den Zeiten, in denen die Sonne nicht scheint, flexible Kraftwerke zum Ausgleich. Ein gasbetriebenes BHKW erfüllt diese Anforderungen ideal: es steht bereits da, lässt sich zeitlich sehr flexibel einsetzen (die Warmwasserspeicher sind für den Sommer deutlich überdimensioniert) und ist auch noch effizient. Weshalb wir jetzt in ein zusätzliches System investieren (Solarthermie), um dieses flexible Kraftwerk im Sommer abschalten zu können, erschließt sich nicht. Vielmehr tritt die Photovoltaik mit weniger flexiblen Kohle- und Kernkraftwerken in Konflikt - ein gasbetriebenes und bereits großteils über die Wärme finanziertes BHKW ist dabei nicht Teil des Problems sondern Teil der Lösung.

Das geplante System in Gutleutmatten schadet lediglich der Energiewende: es nährt das Vorurteil, dass ökologisch sinnvolle Systeme bzw. Energiewende nur zu hohen Mehrkosten und mit Anschlusszwang umzusetzen sind.

Welches System wünschen wir uns?

Eine dezentrale Wärme- und Stromversorgung mit einem BHKW in den einzelnen Häusern oder für kleine Hausgruppen (Leitungen innerhalb der Gebäude über Keller). Alles in Bürgerhand. Dabei könnte - ökologisch äquivalent - das gleiche Bioerdgas zum Einsatz kommen. Durch die Möglichkeit zum Kochen mit Gas würde der Primärenergieeinsatzes  weiter gesenkt. Gleichzeitig wären die Dächer frei für eine eigene Photovoltaikanlage.

Dieses System kann aus ökologischer Sicht alles was badenova so vollmundig verspricht - aber zu weniger als dem halben Preis, ohne umfangreiche Förderung durch den Steuerzahler und mit der Chance Nachahmer zu finden!

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